Saliha hat das Thema jetzt schon drei Mal verschoben. Einmal war sie zu müde, einmal war Burak gestresst und das dritte Mal hatte sie einfach keine Lust auf Streit. Aber jetzt drängte das Thema. Die Frage, ob ihre Mutter langfristig zu ihnen ziehen könnte, musste in den nächsten Wochen entschieden werden.
Sie hatte bisher wenig gute Erfahrungen gemacht mit wichtigen Gesprächen. Irgendwie eskalierte die Situation immer sehr schnell. Am Ende warfen sie sich beide Vorwürfe an den Kopf, einer begann zu schreien und der/die andere verließ den Raum. Es war nichts geklärt und für mindestens einen Tag die Laune dahin. Und beim nächsten Mal wurde es dann noch schlimmer …
Vielen Paaren gelingt es nicht automatisch, schwierige Gespräche erfolgreich zu führen. Manche wünschen sich einen Schiedsrichter, der entscheiden soll, wer die besseren Argumente hat und demnach „gewinnen“ sollte.
Dabei gibt es einige Punkte, die ein Gespräch harmonischer und zielführender gestalten lassen:
Anerkennung zuerst
Wenn wir ein Thema ansprechen, welches uns schon lange bzw. sehr belastet, dann beginnen wir häufig etwas holprig mit Kritik und Vorwürfen. So ist der/die andere sofort verstimmt. Das ist kein guter Start in ein wichtiges Gespräch.
Stattdessen ist es hilfeich, mit Anerkennung und Lob anzufangen. Saliha könnte zum Beispiel sagen: „Meine Mama fühlt sich ja seit Babas Tod oft sehr einsam und sie hat sich total gefreut, als du sie neulich zum Einkaufen gefahren hat. Das hat ihr wirklich viel bedeutet, besonders weil sie ja weiß, wie viel du mit der Arbeit momentan zu tun hast.“
Burak werden ihre Worte ein Lächeln aufs Gesicht zaubern und er wird viel offener und positiver ins Gespräch gehen.
Ich-Botschaften statt Kritik
Wenn wir dann zum Kern des Themas kommen, hagelt es bei vielen Paaren spätestens Vorwürfe und Kritik: „Du hast ja immer etwas an meiner Mutter auszusetzen. Kein Wunder, dass sie sich hier nicht wohl fühlt!“
„Jedes Mal mischt sie sich ein und du bist natürlich immer ihrer Meinung. Das ist pures Brainwashing!“
Es braucht eine gewisse Impulskontrolle und etwas Training auch bei aufgeheizten Emotionen bei Ich-Botschaften zu bleiben:
„Ich genieße es sehr, wenn meine Mutter da ist. Sie ist eine große Unterstützung und hat mit vielen Dingen mehr Erfahrung als ich.“
„Es ist gut, dass deine Mutter so eine große Unterstützung ist und gleichzeitig ist es mir wichtig, dass wir uns als Paar nicht verlieren. Ich finde, wir beide sollten Wichtiges besprechen, bevor du eine Entscheidung triffst.“
Richtig zuhören
Beim richtigen Zuhören geht es nicht darum, dass man papageiartig alles wiedergeben kann, sondern, dass man versteht, welche Wünsche und Bedürfnisse dahinterstecken könnten.
Es gibt viele Gründe, warum jemand etwas möchte. Wenn man sie genau versteht, können Paare oft die beste Lösung finden.
Burak ist vielleicht eher ablehnend gegenüber dem Einzug seiner Schwiegermutter, weil er:
- sich Sorgen um seine Freiheit macht, er die Wohnung zu klein findet,
- er Angst hat vor der Beeinflussung der Schwiegermutter, dass seine Frau keine Zeit mehr für ihn hat
- Sorge, dass er sie zu allen Arztterminen fahren muss
- Und vieles mehr …
Erst wenn Saliha ihren Mann und seine Bedenken/ Wünsche wirklich versteht (und umgekehrt er ihre) können beide eine echte Lösung finden.
Burak und Saliha haben ein friedliches erstes Gespräch geführt, in welchem sie sich ausgetauscht haben. Jetzt wollen sie beide 1-2 Tage darüber nachdenken und sich dann noch einmal zusammensetzen, um eine Entscheidung zu fällen.

Liebe Sandra,
Ich habe voller stolzgefühle deinen Text gelesen.
Das ist ein Klasse Thema mit einem Klasse Ansatz.
Ds richtige Zuhören hast du gut betont. Hinter jedem Gefühl verbirgt sich ein Bedürfnis.
Viel Spaß und Erfolg
Wünsche dir
Nurcan Demiryürek
Liebe Nurcan, vielen Dank für dein positives Feedback! Von dir bedeutet mir das besonders viel! <3