Gastbeitrag von Hidaya S.
Rami (9) ist schon seit über einer Stunde am Handy, dabei soll er eigentlich Hausaufgaben machen. Seine Mutter schnappt es ihm schließlich weg, denn alle Aufforderungen haben nichts gebracht. Jetzt tobt Rami: den ganzen Tag ist er in der Schule und jetzt darf er nicht mal ein bisschen mit seinen Freunden zocken. Das findet er unfair. Und auf Hausaufgaben hat er jetzt schon mal gar keine Lust.
In fast allen Familien gibt es täglich Streit um das Thema Mediennutzung. Und nicht nur die Kinder scheinen ein Problem damit zu haben. Auch viele Paare sind sehr unzufrieden, wie sie selbst oder der Partner seine Geräte nutzt.
Mit diesen vier Schritten bringt ihr inscha-Allah Ordnung ins Chaos und Ruhe in euer Zuhause:
Schritt 1
Die Abmachung: Setzt euch als Familie oder Paar zusammen und besprecht, wie ihr mit dem Handy und anderen Geräten umgehen wollt. Was ist euch wichtig? Worauf kann der Einzelne auch verzichten? Und was braucht die Einzelne mindestens? Formuliert Familienregeln (am besten gleich gut sichtbar aufhängen). Sprecht auch darüber, was passiert, wenn diese nicht eingehalten werden.
Wichtig ist, das Alter der Kinder zu beachten. Es kann also verschiedene Regeln für die einzelnen Kinder und die Eltern der Familie geben. Aber alle müssen sich an diese Regeln halten.
Schritt 2
Positiv motivieren: Baut für die Kinder ein Belohnungssystem auf: Fürs Wohnzimmeraufräumen gibt es zum Beispiel 30 Minuten extra Bildschirmzeit. Wer die ganze Woche seine Aufgaben im Haushalt eigenständig und zuverlässig erledigt, erhält am Freitag Abend eine Stunde mehr.
Partner können sich rückmelden, wenn sie einen Moment als besonders schön und intensiv erlebt haben, weil mal niemand vom Handy abgelenkt war: „Habibi, vielen Dank für das schöne Gespräch. Ich habe deine Perspektive wirklich besser verstanden und bin mit unserer Lösung sehr glücklich!“
Schritt 3
Gute Alternativen finden: Es ist wichtig, die Bildschirmzeit mit etwas zu ersetzen, das von der Person genauso gut, wenn nicht sogar besser aufgenommen wird: Quality time mit der Familie, einen Ausflug, gemeinsam gemachte Pfannkuchen zum Frühstück, einen Spieleabend mit einer befreundeten Familie. Das „echte“ Leben wird so viel attraktiver.
Schritt 4
Verantwortung übernehmen und das Bewusstsein schärfen: Das Ziel ist ja, dass Kinder als Erwachsene verantwortungsbewusst mit ihrem Leben umgehen. Sie gewöhnen sich im Elternhaus idealerweise gute Gewohnheiten an (z.B. kein Handy beim Essen, Handy ausschalten um 22.00 Uhr), aber sie müssen auch das „Warum“ dahinter verstehen. Sprecht also altersgerecht mit ihnen über Themen wie: Wie verbringt man am besten seine Zeit? Wie sieht eine gute Balance im Leben aus? Welche Pflichten und Ziele haben wir? Was möchten wir Allah antworten, wenn wir gefragt werden, wie wir mit unserer Zeit umgegangen sind?
Auch als Erwachsene brauchen wir immer wieder diese Erinnerungen, müssen unser eigenes Verhalten reflektieren, Ziele vielleicht neu formulieren und uns immer wieder die Sinnfrage stellen.
Nur so können wir ein guter Partner und ein Vorbild für unsere Kinder sein.
Rami macht jetzt viel lieber das Handy abends aus, weil sein Vater ihm danach immer noch zwei Seiten aus einem Phantasieroman vorliest. Vor dem Essen legen alle ihr Handy in eine Schale neben dem Esstisch, das ist jetzt schon für alle Gewohnheit geworden. Und wenn Rami die Woche über seine festgelegten Handyzeiten einigermaßen eingehalten hat, spielen sie als Familie am Sonntag gemeinsam Tabu. Da macht ihm das Gewinnen mindestens genauso viel Spaß wie am Handy!